Von Tönnies her gedacht


ISBN 9783890197494
266 Seiten, Gebunden/Hardcover
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Von den Lesehinweisen, die Alexander Deichsel in seinen Skizzen mit Blick auf das soziologische System des Ferdinand Tönnies (1855-1936) gibt, seien drei hervorgehoben: zum einen der Hinweis darauf, dass Tönnies das Soziale auf positive zwischenmenschliche Wechselbeziehungen eingrenzt, eine Merkwürdigkeit, die zu zahlreichen Missverständnissen Anlass gab, weil übersehen wurde, dass er seine Begriffsarchitektur in Gemeinschaft und Gesellschaft (1887) doppelthematisch, darin jener von Habermas Lebenswelt und System vergleichbar, angelegt und willenstheoretisch begründet hat: systematisch-strukturell in dualistischer Lesart in seiner reinen (theoretischen) Soziologie (Gemeinschaft oder Gesellschaft) und historisch-genetisch in dichotomischer Lesart in seiner angewandten (geschichtsphilosophischen) Soziologie (Gemeinschaft und Gesellschaft).

Zweitens weist Deichsel darauf hin, dass Habermas durchaus als verhegelter Tönnies gelesen werden könne, um aber sogleich auf die Differenzen zwischen beider Begriffsarchitekturen zu verweisen: der eine Autor ein eurozentrischer Universalist, der andere ein Welttheoretiker.

Die Skizze über Soziologie als Sprache, der dritte und seitenstärkste Lesehinweis, ist vielleicht die wichtigste, weil sie sehr ausführlich auf einen Aspekt im Schaffenswerk von Tönnies eingeht, der bislang am wenigsten beachtet wurde, obwohl er schließlich in einer erkenntnistheoretischen Schrift zur Sprach- und Zeichentheorie (1906) gipfelte: eine geradezu lyrische Begriffsgrammatik und -stilistik, wie sie heute unter Sozialwissenschaftlern kaum noch zu finden ist.
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