Adonia Verlag: Vergessen geben - Kaurismäkis Der Mann ohne Vergangenheit im Kontext des Derrida - Seeling, Mathias - Bod

Vergessen geben - Kaurismäkis Der Mann ohne Vergangenheit im Kontext des Derrida

Akademische Schriftenreihe V117283
Bod
ISBN 9783640197736
24 Seiten, Taschenbuch/Paperback
CHF 22.05
BOD folgt in ca. einer Woche
Studienarbeit aus dem Jahr 2008 im Fachbereich Germanistik - Komparatistik, Vergleichende Literaturwissenschaft, Note: 1,3, Universität Erfurt, Veranstaltung: Vergessen geben. Amnesien in Literatur und Film, Sprache: Deutsch, Abstract: Mit der Möglichkeit des Unmöglichen wird nun, nachdem die Soziologie Jahrzehnte lang die

Tausch und Gabeereignisse in verschiedenen Kulturen beschrieben hat, die semantische Seite der

Gabe und des Gebens geöffnet und betrachtet. Jacques Derrida spielt in diesem Kontext eine

entscheidende Rolle in der postmodernen Philosophie, fordert und fördert neue Denkprozesse. Die

Kernfrage, die sich Derrida stellt lautet: Gibt es Gabe? Diese Frage soll in dieser Arbeit auch im

Film Der Mann ohne Vergangenheit von Aki Kaurismäki gestellt werden. Dabei geht er

formalistischen und strukturalistischen Ansätzen nach, indem er den Begriff der Gabe einerseits aus

ökonomischen Aspekten, andererseits jedoch auch aus linguistischen Erkenntnissen her konstruiert.

Die Gefahr der Formalisierung des Gabeereignisses in der Hinsicht, dass es sich jeden Augenblick

selbst zerstören und zu einem bloßen Tauschakt werden könnte, zeigt die Polemik des

Gabendiskurses, der Derrida entschieden und mit einem Komplex von Fragen nachgeht. Kann man

geben, ohne zurückzugeben? Kann man schenken, ohne sich im ökonomischen Kreislauf von

Tausch, Verpflichtung und Schuld zu verstricken? Kann man sich geben?

Besonders im Film sind zwei Extrema zu erkennen: die der gesellschaftlichen Tauschökonomie, in

der es vorrangig um Profit, Kapitale und Chancen geht und zum Anderen die reine

zwischenmenschliche Ökonomie, die mit Gesten, Zusprüchen, Geschenken handelt. Zwar begibt

sich Derrida bei dem Versuch, diese Fragen zu klären, immer wieder auf einen gedanklichen

Spießrutenlauf durch die unlogische Logik der Paradoxien, zeigt aber gerade dadurch, dass man mit

einem anderen Denken neue Erkenntnisse gewinnen kann. Er fordert eine klare Abgrenzung der

Gabe vom ökonomischen Kreislauf, aber gleichzeitig sieht er die Integration (wenn auch nicht

statisch) der Gabe im selben System. Diese Abspaltung soll sich im Folgenden vor allem an der

Grenze von Gesellschaft und Rand-gesellschaft zeigen. Sind diese, von der Gesellschaft

ausgeschlossenen Menschen tatsächlich absolut davon differenziert? Wie verhält es sich dann mit

denjenigen, die freiwillig und ohne jede Rückforderung eben genau für diese Menschen aufopfern?

Die Grenzen sind hier sicherlich verschwommen, teilweise jedoch auch klar zu erkennen. In einer

ökonomiefixierten Gesellschaft, wie sie sich heute immer mehr etabliert, muss man sich fragen,

welche Opfer man dafür bringen kann und welche Werte dadurch verloren gehen können.
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