Reis & Asche


ISBN 9783884235201
221 Seiten, Gebunden/Hardcover
CHF 29.15
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2014 veröffentlichte die indische Autorin Meena Kandasamy auf Englisch den Roman The

Gypsy Goddess, der hier nun in deutscher Übersetzung geboten wird. Sie erzählt darin von

dem Massaker in Kilvenmani (Su¨d-Indien), bei dem 1968 vierundvierzig landlose Dalit (>Unberu¨hrbare<),

Landarbeiter, in ihren Hu¨tten verbrannt wurden. Kinder und Frauen wurden nicht

geschont. Die Mörder wurden von Grundbesitzern beauftragt. Eine Strafaktion gegen den Anspruch

der Landarbeiter auf bessere Bezahlung und Arbeitsbedingungen. Sie hatten sich der

kommunistischen Partei angeschlossen und das Undenkbare gewagt: die Stimme zu erheben.

Ihre Bitte um eine halbe Portion Reis mehr am Tag fu¨hrte zu ihrer Ermordung.

Aber was heißt, Kandasamy erzählt? Kann sie das, die 16 Jahre nach dem Massaker Geborene,

der die Geschichte nur durch mu¨ndliche Berichte, Zeitungsartikel und Gerichtsakten zugänglich

ist? Das Archivierte zeugt von einem Justizskandal. Polizei, Politiker und Richter waren

auf Seiten der Grundbesitzer und setzten sich brutal gegen die Unberu¨hrbaren durch, deren

Ohnmacht und Schweigen ein weiteres Mal besiegelt wird. Einen Roman zu veröffentlichen ist

ein Akt bu¨rgerlicher Souveränität, eine Möglichkeit, die eine entscheidende Differenz markiert

zu den Menschen, denen Kandasamy sich widmen will. Sie ist auf der anderen Seite, verfu¨gt

u¨ber die Macht der Sprache und des Wissens.

Kandasamy zerstört alle Erwartungshaltungen an Form und Sprache, kokettiert nicht mit

Exotismus oder geu¨btem Storytelling. Und gibt dem Ernst und der Tragik der Geschichte auf

paradoxe Weise eine kraftvolle zusätzliche Dimension. Kollektiver Widerstand und individuelles

Handeln erhalten als Geschichte und literarisches Szenario neue Brisanz.

'Gewaltig.Gypsy Goddess hat einen lyrisch, radikalen Kern, der einen mutigen Blick auf die

Beziehung zwischen Armut und Macht wirft.' Guardian

Meena Kandasamy, geboren 1984 in Indien, ist Lyrikerin, Übersetzerin,

Aktivistin und Doktorin fu¨r Linguistik. Als Tabubrecherin bekannt, von den

einen bejubelt, von den anderen gehasst, thematisiert sie in ihren Gedichten

die Rechte der Frauen, das Kastensystem im heutigen Indien, Prostitution

und Gewalt. Durch ihr mutiges und engagiertes Auftreten, nicht erst

seit der Herausgabe ihrer Gedichtbände ist sie ständigen Diffamierungen

und Bedrohungen ausgesetzt. Sie lebt heute in

Chennai, Indien.

Claudia Wenner, promovierte Literaturwissenschaftlerin, Literaturkritikerin,

Herausgeberin, u¨bersetzte u.a. Virginia Woolf, Raymond Carver und

Quentin Bell. 1998 ging sie als DAAD-Lektorin nach Delhi und widmet

sich seither indischer Kultur. Fu¨r die Neue Zu¨rcher Zeitung schreibt sie

regelmäßig u¨ber Indien. Sie lebt im su¨dindischen Pondicherry und in

Frankfurt.
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