Herzliche Grüsse


ISBN 9791041904327
70 Seiten, Taschenbuch/Paperback
CHF 12.15
BOD folgt in ca. einer Woche
In den Junitagen fing es an (und dauerte so fort bis Anfangs August), daß immer wieder ein regelmäßiger Besucher des Café Europa sich zur großen Kredenz begab, in der die Kassiererin saß, und ihr mit selbstgefällig gemütlichem Lächeln sagte: 'Also, Fräulein Louisi, heute sehen Sie mich für sechs Wochen zum letztenmal. Richten Sie sich ein paar Tränen her, morgen fahr ich fort.' Das Fräulein Louisi hatte alle 'ihre' Gäste gern. So wie ein Herr das drittemal hintereinander ins Café Europa kam, bekam er beim Weggehen nicht nur einen Guten Tag- oder Gute Nacht-Gruß mit auf den Weg, sondern auch ein sanftes Lächeln auf den Lippen des Fräulein Louisi, ein herziges Neigen ihres Kopfes und einen aufmerksamen Blick aus ihren großen braunen Augen, der dauerte, bis die Glastür des Cafés geschlossen war. Das waren im Tag gewiß mehr als dreihundert sanfte Kopfnicken und aufmerksame Blicke, und dafür verdiente sie es schon, daß die Gäste sie durchwegs nur 'Fräulein Louisi' nannten. Die dreihundert sanften Grüße wurden belohnt. Jeden Tag beugten sich wohl an zwanzig sehr fein gekleidete Herren - das Café Europa war ein sehr nobles Café, in dem nur Professoren, Privatiers, Ministerialbeamte, Geldverleiher und dergleichen vornehme Welt verkehrten - über die Budel, hinderten Fräulein Louisi am Aufschreiben, Einschänken der Liköre und Austeilen der Zuckerportionen, um dafür die bedeutungsvolle Frage zu stellen: 'Na, wie geht's Ihnen denn heute?' Fräulein Louisi antwortete immer sehr lieb, mit einem sozusagen in Worte übersetzten sanften Neigen des Kopfes. Das hieß: 'O danke, sehr gut.'
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