Die Implikationen des Wahlspruchs Sapere aude von Euphorie bis tödlicher Verblen


ISBN 9783640439386
28 Seiten, Taschenbuch/Paperback
CHF 22.05
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Studienarbeit aus dem Jahr 2006 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: 1,0, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg (Institut für Germanistik), Veranstaltung: Hauptseminar, Sprache: Deutsch, Abstract: Im Jahr 1780 verfasste der Medizinstudent Friedrich Schiller während seiner Stuttgarter Akademiezeit die philosophisch-schwärmerische Theosophie des Julius. Diese war noch gänzlich unbeeindruckt vom erkenntniskritischen Denken Kants, das erst im Jahr darauf durch die Schrift Kritik der reinen Vernunft die kopernikanische Wende in der Erkenntnisphilosophie einleiten sollte. Erst sechs Jahre später unterzieht Schiller seine Theosophie des Julius im Rahmen eines fingierten Briefwechsels zwischen dem euphorischen Jüngling Julius und seinem älteren Freund Raphael einer erkenntniskritischen Analyse.

Während Kant in seiner 1784 veröffentlichten Abhandlung Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung im Einklang mit seiner Erkenntnisphilosophie fordert, dass der Mensch sich aus der Gefangenschaft seines unterjochten, fremdbestimmten Verstandes befreien solle, verfolgt Schiller die moralische und erkenntniskritische Intention, in den Philosophischen Briefen, aber auch bereits in seinem 1784 sowohl veröffentlichten als auch uraufgeführten Drama Kabale und Liebe die mit dem freien Denken verbundenen Gefahren aufzudecken. Auf diese Weise sollen Menschen vor den verborgenen Klippen bewahrt werden, an denen die stolze Vernunft schon gescheitert hat.

Nicht nur in den Philosophischen Briefen also thematisiert Schiller die erkenntniskritische Problematik des Sapere aude. Auch in seinem Drama Kabale und Liebe entwickelt er ein Bild von den Gefahren einer Geisteshaltung, die die Autonomie und Unbedingtheit des eigenen Geistes über die Bedingtheiten des Lebens anderer hebt und Widersprüche nicht gelten lässt. Der Idealverlauf des die drei Epochen Euphorie, Krise und Heilung umfassenden, erkenntniskritisch durch Raphael begleiteten Entwicklungsprozesses Julius besitzt seinen Vorgänger in der dramaturgisch inszenierten Experimentalanordnung des von seiner Liebestheosophie verblendeten Majors Ferdinand. Dessen trotz Widerstände unverminderter Glaube an die Gültigkeit seines Liebesabsolutismus und die Autonomie seines Geistes machen ihn blind für die Hintergründe und Drahtzieher der Kabale sowie für die Pflichten Luises, deren Tod als Fanal der schillerschen Anklage am aufgeklärten, aber dennoch kritik- und diskursunfähigen Menschen fungiert.
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