«Liederlich» und «arbeitsscheu»


ISBN 9783034011464
352 Seiten, Gebunden/Hardcover
CHF 52.20
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Ohne dass sie sich ein kriminelles Delikt hatten zuschulden kommen lassen, wurden in der Schweiz bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts hinein 'liederliche' und 'arbeitsscheue' Personen in Arbeitsanstalten eingewiesen. Am Beispiel des Kantons Bern zeigt das Buch, wie das fürsorgepolitische Zwangsinstrument der administrativen Anstaltsversorgung im 19. Jahrhundert eingeführt wurde, um Missbräuche im Armenwesen zu bekämpfen. Vor dem Hintergrund des wirtschaftlichen Wachstums und der Einführung wichtiger Sozialversicherungswerke in den 1950er und 1960er-Jahren kam dieses Instrument weiterhin zum Einsatz. Kommunale und kantonale Behörden verwendeten es als gesellschaftliches Normalisierungs- und Disziplinierungsinstrument, um gegen Menschen vorzugehen, die gegen die herrschende bürgerliche Gesellschafts- und Geschlechterordnung verstiessen.

Das Buch arbeitet die Rechtsstaatsproblematik dieser Form der Anstaltsversorgung heraus und rekonstruiert, wie erst unter dem Druck eines nach dem Zweiten Weltkrieg erstarkenden internationalen Menschenrechtsdiskurses und zunehmender Kritik fürsorgerischer, politischer und öffentlicher Kreise die administrative Versorgung in allen Kantonen der Schweiz 1981 schliesslich aufgehoben wurde. Detaillierte Fallgeschichten verdeutlichen, was eine administrative Versorgung für eine betroffene Person bedeutete und mit welch umfassenden Interventionsbefugnissen die Behörden ausgestattet waren - und es ihnen dennoch nicht gelang, die Betroffenen im von ihnen gewünschten Sinn zu 'resozialisieren'.
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